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Sachertorte (original?) Codex-gerecht? Lebensmittelbuch?
Lassen Sie sich nicht beirren durch unsachgemäße Darstellung und Auslegung des österreichischen Lebensmittelbuchs.
Vielleicht haben Sie sich mal die Frage gestellt, was eine Sachertorte nach dem österreichischen Lebensmittelbuch können muss. Nun ist die Sachertorte ja unbestreitbar eine österreichische Angelegenheit, sodass wir Österreicher den - aus unserer Sicht berechtigten - Anspruch erheben, dass wir wissen was eine Sachertorte ist.
Da diese Torte in Österreich einen bedeutenden Stellenwert in der Süßwarenabteilung hat, ist sie ja auch im Lebensmittelbuch geregelt. Bei der Auslegung desselben kommt es aber immer wieder zu Mißverständnissen.
Auszug aus dem Lebensmittelbuch
2 Konditorwaren, die mit einem Hinweis auf "Sacher" in Verkehr gebracht werden, werden aus Sachermasse hergestellt. Sachermasse besteht aus Mehl, Butter, Eiern, Zucker und Schokolade. Der Anteil an Schokolade beträgt mindestens 15 %, bezogen auf das Rezeptgewicht. Es werden nur Speiseschokolade, Bitterschokolade, conchierte Kakaomasse oder Tunkmasse (Couvertüre) verwendet. Ein teilweiser Ersatz von Mehl durch native Stärke ist zulässig. Zur Geschmacksabrundung können Zutaten wie Salz, Vanille, Vanillin, Ethylvanillin, Rum oder Inländerrum zugesetzt werden. Zur Herstellung von Sachermasse werden anderes Fett als Butter, Ei-Trockenpräparate, künstliche oder naturidente Aromastoffe nicht verwendet (ausgenommen Vanillin und Ethylvanillin). Der Sachermasse können zusätzlich Walnüsse, Haselnüsse oder Mandeln beigefügt werden; dies wird in der Bezeichnung zum Ausdruck gebracht, z.B. "Nuß-Sacher", "Sachertorte mit ...nüssen", "Sachertorte mit Mandeln". Als Glasuren werden verwendet: a) "Konserv"-Glasur (tabliert) mit einem Verhältnis von Zucker zu Schokolade von 1 : 0,75; zur Erzielung eines besseren Glanzes der Glasur kann eine geringfügige Menge an Speiseöl zugesetzt werden; b) Schokolade-Fondant, bestehend aus 1 Kilogramm Fondant und mindestens 300 Gramm Schokolade; c) Schokolade gemäß Codexkapitel B 15. Der Schokolade kann zur Erzielung einer besseren Schnittfähigkeit in erforderlichem Ausmaß Butter (Milchfett) oder Nougat zugesetzt werden. Kakaohaltige Fettglasurmassen werden nicht verwendet. Wird beim Glasieren eine Unterglasur verwendet (Aprikotieren), oder werden Produkte dieses Absatzes gefüllt, so wird hiezu ausschließlich Marillen-Konfitüre verwendet. Werden Produkte dieses Absatzes mit dem Hinweis "mit Schlag" oder gleichsinnig angeboten, so wird immer Schlagobers verwendet. |
Den Volltext des österreichischen Lebensmittelbuchs sowie weiterer Vorschriften finden Sie auf lmsvg.
1. Mißverständnis - Rezeptverhältnis
Regelmäßig werden Artikel publiziert, welche die Codex-gerechte Ausführung einer Sachertorte (bzw. dessen Rezepts) auf die Gewichtsanteile der Komponenten in der Herstellungsanleitung abstellen. Das ist bei genauerer Betrachtung natürlich blanker Unsinn. Und zwar aus folgendem Grund:
- Wie Eingeweihte wissen ist der Anteil an Kakaobestandteilen bei allen Schokoladen und Kuvertüren unterschiedlich. Das Lebensmittelbuch ist hier ungenau und nimmt (Sachverstand der Autoren des Lebensmittelbuchs vorausgesetzt) diese Ungenauigkeit wissentlich in Kauf. Eine Tortenmasse mit 14% Kakaopulver enthält mehr Kakaobestandteile als eine Tortenmasse mit 16% Kochschokolade. (Kapische ?)
2. Mißverständnis - Komponenten
Weiters wird z.B. fälschlicherweise behauptet, dass Rezepte mit Bröseln statt Mehl nicht Codex-gerecht wären. Das ist ebenso blanker Unsinn. Da Bröseln aus Mehl und einem geringfügigen Anteil Wasser bestehen werden diese direkt dem Mehlanteil zugerechnet. So werden z.B. Sachermassen häufig auch Sacherbrösel zugesetzt - welche ihrerseits das Rezeptverhältnis enthalten - somit Codex-gerecht sind.
Unnötig zu erwähnen, dass natürlich auch der Ausmahlungsgrad des Mehls im Codex undefiniert geblieben ist. So könnte Vollkornmehl ebenso zum Einsatz gebracht werden, wie z.B. ein glattes 550er.
Ähnlich verhält es sich mit der Butter: statt Butter kann auch Butterreinfett (Butterschmalz) verwendet werden. Im Codex ist mit "Butter" das Fett und seine Herkunft ("... kein anderes Fett als Butter"), nicht aber der Aggregatzustand gemeint.
Krasser ist es noch mit dem Begriff "Ei". Bezüglich Ei ist im Codex nicht definiert wie hoch der Anteil des Eiweisses bzw. von Wasser sein soll oder darf. So wissen eingeweihte, dass das Ei in frischem Zustand schlecht aufschlagbar ist. Aus diesem Grunde werden gerne Eier verwendete, welche bereits ein bis zwei Wochen "alt" sind. Der Wassergehalt im Eiklar sinkt und mit ihm das Gesamtgewicht des Eis. Mit dem sinkenden Gesamtgewicht des Eis steigt der Anteil des Eigelbs an. Verwendet man im Rezept weniger Eiklar, steigen die Gewichtsanteile aller anderen Zutaten prozentuell an. Auch hier ist der Codex bewußt unscharf.
3. Mißverständnis - den RAMA-Gedanken fortentwickeln?
Die Frage eines Autors ob der RAMA-Gedanke aus dem Carla Sacher Rezept aus gesundheitlichen Gründen fortzuentwickeln wäre kann nur verneint werden.
Inzwischen kennen wir alle die Problematik mit den Transfetten? Hier empfehle ich die Artikel "Transfette" und "strenger Grenzwert für Transfette in Österreich" zur geflissentlichen Fortbildung.
Sehen Sie ev. auch meine Seiten "Sachertorte Rezeptvergleich" und "Sachertorte ... und kein Ende".
4. Österreichischer Lebensmittel-Codex
Codex: Österreichisches Lebensmittelbuch - IV.Auflage - Codexkapitel B34: Konditorwaren
veröffentlicht mit Geschäftszahl BMG-75210/0024-II/B/13/2012 vom 23.01.2013
Auszugsweise gebe ich hier das Kapitel betreffend Sacher wieder:
2.1. Sacher
2.1.1. Sachermasse
Konditorwaren, die mit einem Hinweis auf "Sacher" in Verkehr gebracht werden,
werden aus Sachermasse hergestellt. Sachermasse besteht aus Mehl, Butter
(Milchfett), Eiern, Zucker und Schokolade.
Der Anteil an Schokolade beträgt mindestens 15 %, bezogen auf das Rezeptgewicht
der Sachermasse. Es werden nur Schokoladen mit mindestens 35 % Gesamtkakaotrockenmasse
bzw. Schokoladekuvertüre verwendet. Ein teilweiser Ersatz von Mehl
durch native Stärke ist zulässig. Zur Geschmacksabrundung können Zutaten wie
Salz, Vanille, Vanillin, Ethylvanillin, Rum oder Inländerrum zugesetzt werden.
Der Sachermasse können zusätzlich Walnüsse, Haselnüsse oder Mandeln beigefügt
werden; dies wird in der Bezeichnung zum Ausdruck gebracht, z. B. "Nuss-Sacher",
"Sachertorte mit ...nüssen", "Sachertorte mit Mandeln".
2.1.2. Glasuren
Als Glasuren werden verwendet:
a) „Konserv“-Glasur (tabliert) mit einem Verhältnis von Zucker zu Schokolade
von 1 : 0,75; zur Erzielung eines besseren Glanzes der Glasur kann
eine geringfügige Menge an Speiseöl zugesetzt werden;
b) Schokolade-Fondant, bestehende aus 1 Kilogramm Fondant und mindestens
300 Gramm Schokolade;
c) Schokolade gemäß Schokoladenverordnung. Der Schokolade kann zur
Erzielung einer besseren Schnittfähigkeit in erforderlichem Ausmaß Butter
(Milchfett) oder Nougat zugesetzt werden. Kakaohaltige Fettglasurmassen
werden nicht verwendet.
Wird beim Glasieren eine Unterglasur verwendet (Aprikotieren) oder werden
Produkte dieses Absatzes gefüllt so wird ausschließlich Marillen-Konfitüre
verwendet.
2.1.3. Hinweis „mit Schlag“ oder gleichsinnig
Werden Produkte dieses Absatzes mit dem Hinweis „mit Schlag“ oder gleichsinnig
angeboten, so wird immer Schlagobers verwendet.
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Fragen und Kommentare zu diesem Eintrag
CNKT: 28. November 2009
Ich schätze sehr Ihre Ausführungen. Allerdings haben Sie mein Kommnetar nicht richtig wiedergegeben. Ich bin keinesfallse in freund von Rama ( wie von Carla Sacher angeführt), sondern von hochwertiger Schokolade mit hohem Kakaoanteil. Bei den Transfetten sind wir uns sicher einig.
Antwort: Fred Zimmer: 28. November 2009
alles klar. Übrigens: ich schätze auch Ihre Profunde Auseinandersetzung mit dem Thema!